Die Mutter der Reformation - Herzogin Elisabeth von Brandenburg - eine Powerfrau des 16. Jahrhunderts

Laudatio von Claudia Weitemeyer für den 2. Preis 2018 an Ulrich Drees und Shahin Nowak

20180203 009Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebes Kuratorium der Alexander Stiftung, liebe Gäste, liebe Preisträger des diesjährigen Alexanderpreises!

Es ist mir eine große Ehre, heute als Neuling in der Jury der Alexander Stiftung bereits eine Laudatio für einen der Preisträger zu halten. Ich habe mich über die Einladung in dieses Gremium sehr gefreut und bedanke mich an dieser Stelle für das Vertrauen des Kuratoriums.

Meine Damen und Herren, haben Sie schon mal jemanden sagen hören: Das ist aber ein echter Powermann? Männer gelten von jeher als kraftvoll und stark. Erfolg im Beruf und ganz allgemein im Leben traut man dem Mann per se zu. Im Duden werden Sie zum „Powermann“ gar keinen Eintrag finden. Und eine Powerfrau? Wissen.de definiert sie als „emanzipiert, energisch handelnd und in vielen Lebensbereichen erfolgreich“.

Die Protagonistin des zu prämierenden Beitrages, Elisabeth von Calenberg-Göttingen, lebte zum Ende des Mittelalters und fällt ganz sicher bis heute unter die Kategorie „Powerfrau“. Man findet sie übrigens auch unter Elisabeth Markgräfin von Brandenburg, Elisabeth Gräfin von Henneberg und Elisabeth von Münden. Im Residenzschloss an letzterem Ort verbrachte die Kurfürstentochter die meiste Zeit ihres Lebens.

Über Jahrhunderte hinweg reduzierten Männer Frauen auf die drei K-Rollen – Kinder, Kirche, Küche. Von Gleichberechtigung der Geschlechter in Politik, Wirtschaft, Familie und Religion keine Spur.

Elisabeth von Calenberg-Göttingen ging dennoch unbeirrt ihren Weg inmitten dieser von Männern dominierten Welt. Sie war in ihrem Engagement, ihrem Streben ihrer Zeit weit voraus. Schnell attestierten ihr die einen „Herrschsucht“ und „einen hemmungslosen Machttrieb“ und wieder andere, sie sei stets eher „die Gebende als die Nehmende“ gewesen. Fest steht, Elisabeth von Calenberg-Göttingen war ein Multitalent mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein und einem überdurchschnittlichen Durchsetzungsvermögen. Wegen ihrer Verbundenheit mit Martin Luther, seiner Familie und seinem reformatorischen Gedankengut ging sie als „Reformationsfürstin“ in die Geschichte ein. Sie machte es sich zur ihrer ganz persönlichen Aufgabe, die Reformation in ihrem Land zu propagieren und zu verbreiten.

In ihrem Leben füllte sie viele Rollen mit der ihr eigenen Energie: die der erst 15-jährigen Ehefrau mit einem 40 Jahre älteren Mann, die der praktisch alleinerziehenden Mutter von vier Kindern, die der Witwe bereits im Alter von 30 Jahren, die der Regentin, die der Reformatorin, die der Dichterin und laientheologischen Schriftstellerin. Trotz ihres Kampfgeistes und ihrer fortschrittlichen, für damalige Zeiten modernen Ansichten akzeptierte sie grundsätzlich, dass die Frau in der Ehe ihrem Manne Untertan sei. Die Frau dürfe ihrem Ehemann nur dann widersprechen, wenn er gegen Gottes Gebote verstoße. In ihrem Ehestandsbuch, das sie für ihre Tochter verfasste, schrieb sie dazu:
„In der Ehe wird der Frauen alle ihr Wille genommen und unter des Mannes Gehorsam gelegt. Es soll aber ein Mann seines Weibes nicht überdrüssig werden, sie in Krankheiten und Widerwärtigkeiten nicht verlassen, sondern sie nähren, pflegen und Warten als seines eigenen Leibes. Er soll sie lieben wie sich selbst.“

Auch ein Trostbuch für ehrbare Witwen brachte sie zu Papier.

Sie war für viele ein Vorbild. Sie ist es bis heute! Das erfolgreiche Leben dieser außergewöhnlichen Frau endete mit nur 48 Jahren in beginnender geistiger Umnachtung als politisch Unterlegene und Vertriebene.

Unseren Preisträger hat die Lebensgeschichte dieser Frau offensichtlich fasziniert. Und es ist sicher auch kein Zufall, dass er sich just im Jubiläumsjahr der Reformation einer ihrer engagierten Streiterinnen annahm. Er ist seit mehr als 20 Jahren als Redakteur für den Göttinger Verlag Stein-Medien tätig. Das Schreiben ist seine Leidenschaft. Studiert hat er übrigens mittlere und neue Geschichte. Und da ist dann auch die Brücke zu seiner heute prämierten Story. Auf meine Frage nach der Motivation für diese Geschichte antwortete er: „ Die Vermittlung historischer Fakten und eines gewissen Lebensgefühls aus der Perspektive der Gegenwart reizen mich ganz besonders. Ich sehe dies immer wieder als Erzählung, mit der ich versuche, meine Leser zu fesseln.“

Lieber Uli Drees, ich glaube, dies ist Dir mit Deinem Beitrag absolut gelungen. Mit wenigen und gut gewählten Worten zeichnest Du die spannende Lebensgeschichte einer für die Region und über ihre Lebenszeit hinaus beeindruckenden und starken Frau. Das macht Spaß, das fesselt! Man spürt, dass Du dieser Frau Respekt zollst und es sei an dieser Stelle die Vermutung gestattet, dass Du dies im richtigen Leben dem anderen Geschlecht gegenüber grundsätzlich tust. Bei seinen Recherchen zur Geschichte wurde Ulrich Drees von Shalin Nowak im Rahmen ihres Praktikums im Verlag tatkräftig unterstützt.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, und dies sollte bitte unter uns bleiben, dürfen wir uns womöglich auf einen Roman aus der Feder unseres Preisträgers freuen. Vielleicht etwas Historisches? Bleiben Sie dran!
Dir, lieber Uli, gratuliere ich nun ganz herzlich zum 2. Preis der Alexander Stiftung 2018 für Deine Veröffentlichung „Die Mutter der Reformation – Herzogin Elisabeth von Brandenburg – eine Powerfrau des 16. Jahrhunderts“

Vielen Dank!