Laudatio von Achim Block

P1050754In seiner "Zeitreise" genannten Serie lenkt das Göttinger Tageblatt mit Hilfe von Zeitzeugen den Blick auf vergangene Ereignisse unserer Stadt und Region. So hat Frau Katharina Klocke in den Sonnabendausgeben vom 18.und 25. August 2012 "Die Geschichte einer Partnerschaft" zum Thema genommen und damit auf die 40 Jahre zurückliegenden Anfänge der Partnerschaft z wischen Göttingen und Torún neu aufmerksam gemacht. In großen Zügen und mit kleinen anekdotischen Beiträgen von Personen, die damals am Zustandekommen der Verbindung mitgewirkt haben, ruft sie in Erinnerung, wie schwierig es zuerst war, offizielle Beziehungen zwischen den Städten herzustellen, und wie sich dann das Verhältnis doch gut entwickelt hat.

Zu Beginn der 1970er Jahre, in politischer Ost-West-Spannung des sog. Kalten Krieges, gab es auf beiden Seiten starke Hindernisse gegen eine freundschaftliche Verständigung deutscher mit polnischen Kommunen. Auf deutscher Seite bremsten da Flüchtlingserfahrungen mit Heimatverlust und festgefahrenes politisches Kalkül, auf polnischer Misstrauen und zentrale Kontrolle aller Westkontakte durch das kommunistische Regime. Aber beherzter Wille von Leitfiguren vor Ort und die versöhnlichen Wirkungen vorausgehenden kulturellen Austauschs (hier ist besonders das Theater zu nennen, aber auch die Bildende Kunst) brachten dann doch 1978 einen offiziellen Partnerschaftsvertrag zustande.

 

Wechselseitige Besuche folgten, zunächst mehr der offiziellen Delegationen, später zunehmend auch von Bürgergruppen. Die Reisen gingen dann immer durch die DDR, und heute mag man kaum glauben, wie viel Zeit der Übergang an den Grenzen verschlang, besonders der aus dem Osten Deutschlands ins sozialistische Bruderland. Die Besucher aus Göttingen haben damals bei jedem neuen Besuch nicht nur wachsende Freundlichkeit der polnischen Partner, sondern auch die entstehende Wandlung der politischen Verhältnisse zu mehr Freiheit spüren können, eine Wandlung, mit der unsere offiziellen Gesprächspartner sich zu arrangieren hatten. Besonders verdienstvoll war die Tätigkeit der Übersetzerinnen, die in diesen Gesprächen wechselseitig dolmetschten und damit Verständnishürden überwanden. Aber auch ohne polnische Sprachkenntnisse merkten wir, dass Polen in Bewegung geraten war.

(Einmal, Mitte der 80iger Jahre, habe ich mich mit einer kleinen Gruppe aus der offiziellen Delegation abgesetzt und bin von Thorn nach Danzig gefahren, wo wir in das Zentrum der Bewegung Solidarność kamen und tatsächlich auf Lech Wałęsa trafen, dem damaligen Revolutionär - ein unvergessliches Erlebnis.)

Frau Klocke hat mit ihren Texten ein wichtiges Kapitel unserer Stadtgeschichte und wachsender Völkerverständigung zutreffend dargestellt und dabei den sachlichen Bericht durch persönliche Erinnerungen beteiligter Zeitzeugen belebt und bereichert. Gut ausgewählte Fotos ergänzen das Bild.

Die Jury befand , dass Frau Klockes Beitrag durch Thema, Art der Darstellung und Bedeutung für heute ausgezeichnet werden sollte. Wir gratulieren herzlich.